Bericht im Südkurier, Bild: Günther Brender
„Eine völlig andere Welt“: Besucher genießen lange Barocknacht in Meßkirch
Die Meßkircher haben am Samstagabend eine besondere Variante der langen Barocknacht erlebt. Während es vielerorts an den insgesamt 18´Stationen an der Oberschwäbischen Barockstraße einfach nur Führungen oder Konzerte gab, bevölkerte in Meßkirch die Rokokogruppe Biberach/Riß die Innenstadt.
Publikum schwebte am Abend begeistert mit. Alfons Martin aus Geisingen (Mitte) ließ sich von den Damen der Rokokogruppe führen. Bunte Lichter sorgten indes für Atmosphäre. | Bild: Günther Brender
Am Klosterladen war Treffpunkt zu Tanz, Musik und Schmaus. In vier Geschäften standen zudem die Türen von 19 bis 22 Uhr für die Herrschaften in den opulenten Roben und aufgetürmten Perücken sowie die Bevölkerung und Besucher offen. „Den Reiz macht aus, dass es eine völlig andere Welt ist“, sagte Martin Rösler von der Rokokogruppe und erklärte am Klosterladen, wo sich Tanzfläche, Tische und Stühle befanden, die Schrittfolgen zu Menuetten, Anglaisen und Allemanden. Die zehn Tanzpaare schwebten, schritten und hüpften anschließend in ihren originalgetreuen Kostümen über den Asphalt. Getanzt wurde zu Musik aus der Zeit von Wolfgang Amadeus Mozart – am späten Abend sogar gemeinsam mit dem Publikum.
Die Mitglieder der Rokokogruppe Biberach/Riß bevölkerten bei der langen Barocknacht die Meßkircher Innenstadt. Am Platz vor dem Klosterladen wurde in originalgetreuen Roben und nach alter Manier getanzt. | Bild: Günther Brender
Genuss für den Gaumen boten indes Wein und Häppchen. Letztere vom Restaurant Adler in Leitishofen. Auf der Karte stand unter anderem Tafelspitz auf Apfel-Meerrettich-Creme. „Es ist mal etwas ganz anderes“, sagte Jennifer Bausch, Leiterin der Tourist-Information, mit Blick auf das Treiben am Klosterladen. Ab 16 Uhr hatten die städtischen Mitarbeiter dort und in der Innenstadt aufgebaut. Befürchtungen bezüglich schlechten Wetters bewahrheiteten sich zur Freude aller nicht.
Schwäbische Zeitung (22.08.2017, Bericht/Fotos: Susanne Grimm)
Barocke Paare tanzen in Meßkirch
Rokoko-Tanzgruppe Biberach tritt am Samstagabend auf – Kostümierte besuchen Geschäfte in der Kernstadt
Meßkirch (sz) Ein Hauch feudaler Zeiten hat am Samstagabend die Altstadtgassen der einstigen Zimmern-Residenz Meßkirch durchweht. Die Rokoko-Tanzgruppe Biberach zelebrierte unter Martin Rösler, Zeremonienmeister, Tanztrainer und künstlerischer Leiter in Personalunion, in prächtiger Aufmachung auf dem Platz vor dem Klosterladen höfische Tänze zur Musik der Mozart-Zeit.
Rund 15 Tanzpaare präsentierten in originalgetreuen Kostümen klassische Gesellschaftstänze wie Menuette, Anglaisen, Contretänze und Allemanden zu Klängen Mozarts und Kompositionen von Haydn. Zu Beginn dieser besonderen Nacht, zu der Meßkirchs Tourismus-Chefin Jennifer Bausch eingeladen hatte, schritt die Gesellschaft in protokollarischer Formation vom Schloss kommend die Stufen herab. Rösler stellte die Rokoko-Gruppe vor und gab zwischen den Tänzen dem Publikum interessante Einblicke in die gesellschaftlichen Gepflogenheiten des damaligen Landadels und des gehobenen Bürgertums.

„Diese Veranstaltung ist einfach wunderbar“, sagte Friedegunde Fezer-Franz erfreut, die mit einer Freundin aus Sigmaringen gekommen war. Zur Freude gesellte sich noch eine Überraschung, denn sie und Martin Rösler stellten fest, dass sie sich von Studienzeiten her kannten, sich aber aus den Augen verloren hatten. „Es ist nur schade, dass es so wenig Publikum hat“, bedauerte die Sigmaringerin. Ihre Freundin ergänzte: „Ich bin davon ausgegangen, dass bei diesem tollen Angebot die Straßen voller Menschen sind.“ Auch Jennifer Bausch hätte sich mehr Besucher gewünscht, zumal das Wetter mitspielte und nur ein laues Lüftchen wehen ließ: „Es sind wahrscheinlich noch viele Leute im Urlaub.“

In der Tat war es ein Versäumnis, bei dieser Veranstaltung nicht dabei gewesen zu sein, denn solches bekommt man im weitem Umfeld beileibe nicht jeden Tag zu sehen: Originalgetreue Kostüme, handgeschneidert, zum großen Teil nur von Gemälden abgezeichnet und als eigenes Schnittmuster entworfen, so sei die aufwendige Kleidung entstanden, erzählte Rösler. „Dabei werden Unmengen an Stoff und Zubehör benötigt, vor allem für die Damenkleider.“ Weil die Kleider via Gemälde bestimmten Personen zugeordnet und von begabten Schneiderkünstlern in die heutige Zeit geholt worden sind, stellt die Trägerin des jeweiligen Gewandes bei den Auftritten auch die einstige Besitzerin dar, erläuterte Rösler weiter.
Zierrat aller Art schmückt die Gewänder

Das galt natürlich auch für die „Kavaliere“, wie der Zeremonienmeister, der übrigens im Gewand des Reichsgrafen Ferdinand Friedrich Schall von Bell zu Oberdischingen auftrat, die Männer bezeichnete. Entsprechend aufwendig ist Pflege der kostbaren, mit Zierrat aller Art geschmückten Gewänder, aber auch der handgefertigten Echthaarperücken, die schon mal zwischen 400 und 600 Euro kosten können, je nach Umfang und „Aufbau“.

Im Laufe des Abends besuchten die Tanzpaare mehrere Geschäfte der Kernstadt, flanierten durch die Gassen, kamen mit Leuten ins Gespräch und luden die Zuschauer sowohl zum Mittanzen als auch zu einer Polonaise ein.
„Die Barocknacht ist wunderbar gelaufen“, schwärmte Rösler am Sonntag in einem Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Auch seine Leute seien mehr als angetan gewesen von den Gesprächen und Kontakten, die sie in Meßkirch erfahren hatten. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass im kommenden Jahr mehr Zuschauer aufgrund positiver Mundpropaganda und guter Werbung anwesend sein werden.